F&B-KARTE
GW-UNTERRICHT Nr. 73 / 1999

Plöckenpaß, Kötschach-Mauthen, Lesachtal

Dr. Wolfgang Sitte


1. Zur Wanderkarte

Der Kartenausschnitt ist aus der freytag&berndt Wanderkarte 1:50 000 Lienzer Dolomiten - Lesachtal (WK 182). Dieses Blatt erschien im Sommer 1998 in neuer Bearbeitung. Es deckt den Raum der Karnischen Alpen vom Helm (2433 m) bis zum Blaustein (2194 m), das Lesachtal von Kartitsch bis Kötschach-Mauthen, das gesamte Gebiet der Lienzer Dolomiten sowie Teile der Deferegger Alpen und Kreuzeck-Gruppe. Im Norden schneidet das Kartenblatt noch einen Abschnitt des Mölltals und im Süden den Oberlauf der Piave an.

Entsprechend den Interessen der Touristen sind markierte Wege, Klettersteige, Sessel- und Schlepplifte, Berggasthäuser und Schutzhütten, Radwander- und Mountainbiker-Routen, Bushaltestellen sowie Parkplätze eingetragen.

Das Relief wird mit Isohypsen (Äquidistanz 100 Meter), Schattenton, Felszeichnung und zahlreichen Höhenkoten anschaulich dargestellt. Grüne Flächenfarbe kennzeichnet den Wald.

Dem Kartenblatt beigegeben ist ein 31 Seiten umfassendes Heft, das neben allgemeinen alpinistisch-touristischen Informationen, eine Beschreibung des eingezeichneten Weitwanderweges 403 (Karnischer Höhenweg), die Koordinaten der auf der Karte eingetragenen GPS-Punkte, ein Verzeichnis der Schutzhütten und Ausflugsgasthäuser samt den Zugangszeiten von den nächstgelegenen Talorten, Hinweise auf kulturelle Sehenswürdigkeiten und das Brauchtum sowie ein Verzeichnis der Orte inklusive ihrer Postleitzahlen enthält. Schutzhütten, Ausflugsgasthäuser und Orte können mit Hilfe der hinter ihren Namen stehenden Suchbezeichnungen und der Suchfelder auf der Karte leicht aufgefunden werden.

2. Die Karnischen Alpen

Südlich und südwestlich von Kötschach-Mauthen liegt einer der schönsten Teile der Karnischen Alpen, dieses im Süden Österreichs sich zwischen Innichen im Westen und Tarvis im Osten erstreckenden Gebirgszugs. Paläozoische Kalke, die hier in großer Mächtigkeit und zum Teil in Riff-Fazies auftreten, bauen gewaltige Felsgestalten auf. Hohe Warte, mit 2780 Meter die höchste Erhebung der Karnischen Alpen (sie befindet sich knapp außerhalb des linken Randes vom Kartenausschnitt), Kellerwand (auf der Karte zwischen Kellerspitzen und Kollingkofel), Cellon, Mooskofel und Polinik bilden eine großartige Hochgebirgslandschaft mit hohen, schuttumsäumten Wänden, eingesenkten Karen und scharfen Graten. Im Eiskar liegt der südlichste und tiefstgelegene (von Lawinen ernährte) Gletscher Österreichs.

Der Gebirgszug der Karnischen Alpen bildete schon zur Römerzeit die Südgrenze der Provinz Noricum, später verlief über ihn die Grenze zwischen dem Herzogtum Kärnten und der Republik Venedig. Und seit 1866, als die Habsburger Monarchie Venetien abtreten musste, liegt auf dem westlichen und mittleren Teil der Karnischen Kette auch die Staatsgrenze zwischen Österreich und Italien.

Der in 1360 Meter Meereshöhe befindliche Plöckenpaß ist der einzige ganzjährig offen gehaltene Übergang über die ca. 100 Kilometer lange und 15 Kilometer breite Karnische Kette. Im Gegensatz zum relativ kurzen, aber steilen Zugang von Süden ist derjenige vom Gailtal zum Pass zwar länger, aber dafür nicht so steil. Venetische Inschriften auf der Missoria Alm oberhalb Würmlach beweisen, dass der Übergang über den Plöckenpaß schon in der Bronzezeit genutzt wurde. Zur Römerzeit führte eine wichtige Straßenverbindung von Aquileia und Iulium Carnicum (Zuglio) durch das Val Grande über den Plöckenpaß und den Gailberg Sattel ins Drautal, wo sie auf die Straße traf, die Aguntum (Debant bei Lienz) mit Teurnia (St. Peter im Holz bei Spittal) verband. Im Mittelalter hatte der Saumweg über den Plöckenpaß eine wichtige Funktion im Handel zwischen Salzburg und Venedig sowie im Zusammenhang mit dem Goldbergbau in den Hohen Tauern und der Eisenverarbeitung im Gailtal. Auch stießen damals über ihn deutschsprachige Siedler nach Süden und gründeten den Passfußort Tischlwang (Timau). Die heutige Straße wurde erst während des Ersten Weltkriegs angelegt, dann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gut ausgebaut und in jüngster Zeit auch gegen Lawinen stark abgesichert. Seit der Eröffnung der Felbertauern-Straße im Jahr 1967 benutzen immer mehr Touristen die direkte Route aus dem süddeutschen Raum über Kitzbühel, Mittersill, Matrei, Lienz, Oberdrauburg, Gailberg Sattel, Plöckenpaß zur oberen Adria bzw. umgekehrt. Entlang dieser Linie verläuft auch die Transalpine Pipeline (TAL) von Triest nach Ingoldstadt. Bei Würmlach, wo ein Tanklager und eine Pumpstation sind, zweigt von ihr die Adria-Wien-Pipeline (AWP) nach Schwechat ab.

Das Gebiet um den Plöckenpaß war von Mai 1915 bis Oktober 1917 schwer umkämpfte Gebirgsfront. Mehrere Soldatenfriedhöfe erinnern an die damals Gefallenen. Der unter internationaler Beteiligung errichtete "Karnische Höhenweg", die "Traversata Carnica", erschließt heute als "Via delle Pace" das ehemalige Kampfgelände. Informationen dazu bietet das Freilichtmuseum nördlich des Kleinen Pal und ein Spezialmuseum in Kötschach-Mauthen.

Die Karnischen Alpen zählen heute zu den "top ten" jener Gebiete auf der Erde, die in besonders klarer Form ein lückenloses Bild der Erdgeschichte über einen rund 500 Millionen Jahre langen Zeitraum dokumentieren. Um die von zahlreichen in- und ausländischen Wissenschaftlern gewonnenen Einsichten in das Werden der Karnischen Alpen auch den an der Natur interessierten Bergwanderern verständlich zu machen, entwickelte die Geologische Bundesanstalt gemeinsam mit den Gemeinden des Bezirkes Hermagor das Projekt "Geo-Trail". Fünf Naturlehrepfade entstanden in besonders interessanten und leicht zugänglichen Abschnitten der Karnischen Alpen, 20 großflächige Panorama- sowie zahlreiche Gesteinsbeschreibungstafeln und geologische Detailkarten wurden an geeigneten Aussichtspunkten bzw. geologischen "Schlüsselstellen" aufgestellt. In dem von H. P. SCHÖNLAUB verfassten Buch "Vom Urknall zum Gailtal – 500 Millionen Jahre Erdgeschichte in der Karnischen Region" werden sie alle beschrieben und durch zusätzliche Beiträge und Abbildungen erweitert. Unter Geologen weltberühmt ist die an der Nordseite des Cellon (Frischenkofel) zur gleichnamigen Alpe hinab ziehende Lawinenrinne, wo auf einer Strecke von 60 Meter die fossilreichen Gesteine des Silurs aufgeschlossen sind, wie sie in ähnlich klarer Weise an keiner anderen Stelle in Europa vorkommen.

3. Kötschach-Mauthen

Am Westende des breiten Gailtales, ehe bei Wetzmann das zu ihm gehörende Lesachtal beginnt, befindet sich die Gemeinde Kötschach-Mauthen. Sie entstand 1959 durch Zusammenschluss der beiden auf Schwemmkegeln liegenden Orte. Noch vor hundert Jahren trennte diese eine fast tausend Meter breite, Torrenten ähnliche Schotterfläche, die bei den regelmäßig auftretenden Frühjahrs- und Herbsthochwässern immer überflutet und vermurt wurde. Erst im Gefolge der Regulierungsmaßnahmen an der Gail und der Wasserschutzbauten an den in sie einmündenden Wildbächen wurde der Talboden allmählich nutzbar. Bis in die Neuzeit war das am Fuße des Plöckenpasses liegende Mauthen der Markt, und das am Anstieg zum Gailberg Sattel (982 m) befindliche Kötschach das Dorf. Der Bahnbau im Drautal (Villach-Franzensfeste) begünstigte ab 1871 jedoch Kötschach, weil über dieses und den Gailberg Sattel die Wege aus dem Lesach- und oberen Gailtal zur Station Oberdrauburg gingen. Während des Ersten Weltkriegs erhielt Kötschach aus militärischen Gründen den Anschluss an die Eisenbahnlinie Arnoldstein-Hermagor. Heute sind Kötschach und Mauthen nicht nur verwaltungsmäßig, sondern auch räumlich zusammengewachsen. Im Volkszählungsjahr 1991 hatte die Gemeinde insgesamt 3673 Einwohner. Wie Tabelle 1 zeigt, spielt die Land- und Forstwirtschaft nur mehr eine geringe Rolle.

Tab. 1: Beschäftigte nach Wirtschaftsabteilungen

Beschäftigte insgesamt 1641
verarbeitendes Gewerbe u. Industrie 486
pers., soziale u. öffentliche Dienste 413
Beherbergungs- u. Gaststättenwesen 164
Handel 162
Bauwesen 162
Land- u. Forstwirtschaft 97
Verkehr u. Nachrichtenübermittlung 88
Geld- u. Kreditwesen 69

Quelle: ÖSTAT

Der Tertiärsektor dominiert eindeutig mit 54 Prozent. Kötschach-Mauthen ist ein Zentraler Ort der Unteren Stufe. Stufenspezifisch dafür sind u.a. die Hauptschule, die Apotheke, der Gendarmerieposten, die Bankfilialen. Ihr Einzugsbereich erstreckt sich nicht nur in das Lesachtal, sondern auch noch ein Stück Gailtal abwärts. Im Zusammenhang mit dem Tourismus gibt es zusätzlich Reisebüros, Taxiunternehmen, Liftanlagen, ein Hallenbad mit Sauna und Solarium, Tennisplätze sowie ein Raftingzentrum.

Ein paar kleine Industriebetriebe (u.a. Holzverarbeitung, Erzeugung von Wärmetauschern) nutzen die Standortgunst des Anschlusses an die Gailtalbahn.

Die großartige landschaftliche Umgebung sowie die günstige Verkehrslage an einer Nord-Süd-Strecke (Deutschland-Italien) waren wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung des Tourismus, der heute das Ortsbild prägt. Winter- und Sommerübernachtungen wiesen allerdings in den letzten Jahren Rückgänge auf, die besonders im Sommerhalbjahr (Mai-Oktober) stark waren. Insgesamt stehen in den gewerblichen Betrieben Kötschach-Mauthens (Hotels, Gasthöfen und Pensionen) über 600 Betten zur Verfügung.

4. Das Lesachtal

Mit diesem Namen bezeichnet man die auffällig geradlinig verlaufende Talung, die im Norden von den Lienzer Dolomiten und im Süden von den Karnischen Alpen flankiert wird. Sie beginnt eigentlich mit der Mündungsstufe der Tiroler Gail zum Pustertal, zieht über die flache Talwasserscheide von Kartitsch (1526 Meter über dem Meer) in den obersten Abschnitt des Tales der Kärntner Gail – quert allerdings erst weiter im Osten, nämlich zwischen Untertilliach und Maria Luggau, die Landesgrenze zwischen (Ost-)Tirol und Kärnten – und endet bei der Stufe von Wetzmann oberhalb Mauthens. In einer engen Schlucht tritt hier die Gail aus dem Lesachtal heraus. Sie hat sich wahrscheinlich epigenetisch in den fast 200 Meter darüber liegenden und von eiszeitlichen Ablagerungen überdeckten alten Talboden eingetieft, von dem im unteren Abschnitt des Lesachtals nur mehr einzelne, verschieden große und von seitlichen Gräben begrenzte Terrassenstücke vorhanden sind (auf dem Kartenausschntt z.B. bei Sittmoos, Nischlwitz oder Aigen auf der rechten Talseite bzw. Gentschach, St. Jakob oder Podlanig auf der linken Talseite). Auf ihnen, hoch über dem engen heutigen Talgrund, und auf den unteren Partien der flankierenden Berghänge liegen die kleinen Siedlungen und Einzelhöfe, die meisten von ihnen auf der Sonnseite. Daher verläuft auf dieser auch die von Kötschach-Mauthen ins Lesachtal heraufkommende und wegen der vielen seitlichen Wildbachgräben sehr windungsreiche Straße. Sie muss bei Murenabgängen nach Starkregen und besonders im Winter bei großen Schneefällen wegen Lawinengefahr oft gesperrt werden.

Wegen seiner Fernlage zu den Zentren von Kärnten und Tirol und seiner relativen Abgeschlossenheit zu den Nachbarräumen hat sich im Lesachtal stärker und länger als anderswo die traditionelle Berglandwirtschaft gehalten. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte dort weitgehend Selbstversorgerwirtschaft, und erst allmählich erfolgte die Umstellung auf Grünlandwirtschaft. Vielfach kann man die Zeugen des ehemaligen, im Rahmen der Egartwirtschaft betriebenen Getreideanbaus in Gestalt der zahlreichen Hausmühlen, Harpfen und Getreidekästen sehen. Bei der Volkszählung 1991 waren noch 47 Prozent der Berufstätigen in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt, während die anderen Wirtschaftsabteilungen nur geringe Anteile aufwiesen (siehe Tabelle 2). Wegen der schwierigen topografischen Verhältnisse (die schattseitigen Siedlungen sind durch die tiefe Schlucht der Gail von den auf der anderen Talseite liegenden Ortschaften getrennt, und die Kleingliederung des Terrassengeländes verhinderte das Entstehen einer größeren zentralen Siedlung im Tal) und der ungünstigen inneren Verkehrssituation (die durch das Tal verlaufende Straße wurde zwar nach dem Zweiten Weltkrieg schritt- und stellenweise verbessert, ist aber auch heute noch für Wohnanhänger nicht empfehlenswert) sind die Möglichkeiten, außerhalb der Landwirtschaft größere Betriebsstätten aufzubauen, sehr beschränkt. Deshalb war und ist das geburtenreiche Lesachtal ein Abwanderungsgebiet. Von 1971 bis 1991 verzeichnete die Gemeinde Lesach, die im Jahr 1973 durch die Zusammenlegung der Kärntner Gemeinden Birnbaum, Liesing, St. Lorenzen und Maria Luggau entstand – St. Jakob wurde damals Kötschach-Mauthen zugeschlagen – einen Bevölkerungsverlust von 12,9 Prozent. Heute leben in der Gemeinde Lesach 1665 Einwohner. Von der 190,6 km2 großen Gesamtfläche der Gemeinde sind nur 17 km2 Dauersiedlungsraum.

Tab. 2: Beschäftigte nach Wirtschaftsabteilungen

Beschäftigte insgesamt 457
verarbeitendes Gewerbe u. Industrie 39
pers., soziale u. öffentliche Dienste 92
Beherbergungs- u. Gaststättenwesen 53
Handel 25
Bauwesen 10
Land- u. Forstwirtschaft 216
Verkehr u. Nachrichtenübermittlung 12
Geld- u. Kreditwesen 10

Quelle: ÖSTAT

Um diesem negativen Prozess entgegenzusteuern, startete 1988 die Kärntner Landesregierung ein Entwicklungsförderungsprogramm, das ein Raumordnungsprogramm mit einem regionalwirtschaftlichen Förderungsprogramm und laufender Umsetzungsberatung kombiniert. Die bäuerliche Bewirtschaftung soll damit gesichert und der Tourismus so ausgebaut werden, dass einerseits die Grenzen der ökologischen Tragfähigkeit des Tales respektiert werden, andererseits durch ihn regionale Arbeitsplätze neu entstehen. Gleichzeitig soll dieser "sanfte" Tourismus den Absatz regionaler Produkte unterstützen. Aufbauend auf die vier Ortsschwerpunkte "Historisches Dorf Maria Luggau", "Gesundes Dorf St. Lorenzen", "Abenteuerdorf Birnbaum" und "Familien- und Freizeitdorf Liesing" konnten bisher trotz verschiedener Schwierigkeiten einige für die Region wichtige Projekte entwickelt werden.

Der Tourismus ist stärker als in Kötschach-Mauthen hauptsächlich auf den Sommer konzentriert. Das liegt vor allem an den für den alpinen Skisport nicht besonders günstigen Geländeverhältnissen. Die meist schneereichen und nicht zu kalten Winter, die unter dem Einfluss der Temperaturumkehr häufig sonniges Wetter und Nebelfreiheit haben, böten besonders gestressten Stadtmenschen gute Erholungsmöglichkeiten.

Nach dem Beitritt Österreichs zur EU wurde das Lesachtal als Ziel-5b-Gebiet (Gebiet mit niedrigem wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsstand – Hauptkriterien: hoher Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten und niedriges Agrareinkommen) eingestuft. Es gibt Bestrebungen, beim Reformieren der EU-Strukturpolitik nach dem Auslaufen des derzeitigen EU-Strukturprogramms im Jahre 2000 ein neues Ziel-7-Gebiet Alpen zu schaffen. Bisher war die dritte Dimension, die gekennzeichnet ist durch Höhenlage, Steilheit, klimatische Extreme, periphere Lage und Kleinheit der Bewirtschaftungsstrukturen in der EU-Strukturpolitik nicht vertreten. Die Probleme der Berggebiete und damit auch die des "Vergessenen Tales", wie das Lesachtal einmal bezeichnet wurde, könnten auf diese Weise sicherlich besser einer Lösung zugeführt werden.

5. Schrifttumshinweise:

Das Lesachtal und seine gegenwärtige Problematik wird auch in zwei GW-Schulbüchern kurz behandelt:


Zusammengestellt von Wolfgang Sitte
Für das Internet aufbereitet von
Wolfgang Dehmer
Letzte Aktualisierung: 22.12.1999